Dresden, 14.05.2021

Modernes Wohnen in modernen Gebäuden – Teil 2: Licht

Mit unserer neuen Serie von Blogartikeln geben wir einen orientierenden Überblick über die wichtigsten Themen rund ums moderne Wohnen. Wir haben Experten gefragt, welche Trends sie beobachten und was Bauherren auf jeden Fall wissen sollten. Zum Thema Licht haben wir mit der Tageslichtarchitektin M.Sc. und Lichtplanerin Dipl.-Ing. Tanja Knura gesprochen. Sie erklärt u. a., was bei der Lichtplanung im Altbau und Neubau zu beachten ist und warum Licht maßgeblich darüber entscheidet, ob wir uns in unserem Zuhause wohlfühlen.

 

KüchenbeleuchtungWie spielen Tageslichtarchitektur und Lichtplanung zusammen?

Die beiden Disziplinen sind für mich kaum zu trennen. Ich schaue immer zuerst, wie die  natürliche Tagesbelichtung in einem Raum mit seiner Geometrie, seinen Materialien und Farben, aber auch seiner Funktion ist.

Tageslicht ist für uns Menschen immens wichtig und gesund, es kann in seiner Qualität und Dynamik mit wechselnder Lichtfarbe niemals 1:1 durch Kunstlicht ersetzt werden. Standorte, Raumproportionen in Zusammenhang mit Positionen von Öffnungen in ihrer Geometrie in der Gebäudehülle sind für den Lichteinfall und die Lichtverteilung im Inneren des Raumes wesentlich. Eine Tageslichtplanung kann im frühen Stadium gemeinsam mit dem Architekten und den Bauherrn umgesetzt werden. 

Kunstlicht ist immer dann gefragt, wenn es zu wenig Tagesbelichtung in einem Raum gibt und selbstverständlich, wenn es dunkel wird/ist. Am Tag sollte grundsätzlich unsere Serotoninproduktion angeregt werden, am Abend hingegen brauchen wir warme Lichtfarben, um zur Ruhe zu kommen. Das natürliche Tageslicht bietet es von Natur aus an, bei Kunstlicht sollte man dieses mit in die Planung einbeziehen.

Lange hat man sich um künstliches Licht eher wenig gekümmert. Man hatte den Standard-Auslass in der Mitte und damit den Raum komplett beleuchtet, ergänzt dann oftmals durch Stehleuchten, um wenigstens eine Ambientebeleuchtung am Abend zaubern zu können. Das ist längst nicht mehr so. Wir wissen heute, wie viel Einfluss Licht auf ein gutes Wohngefühl und unsere Gesundheit hat, wie wir Räume damit modellieren können und wie wir die Innen- und Außenarchitektur mit Beleuchtung in Szene setzen.

 

Welche grundlegenden Fragen sollten vor der Lichtplanung für einen Neubau geklärt werden?

Ich bespreche mit den Bauherren u. a., welche Räume es gibt, welche Funktionen diesen zugeordnet sind und mit welchen Materialien sie eingerichtet werden. Ich möchte zum Beispiel wissen, ob ein Raum einen Fliesenboden oder einen Holzboden hat, ob dort gekocht, gespielt, gearbeitet oder beispielsweise relaxt wird, ob die Wände hell oder dunkel gestaltet werden. Eine Lichtplanung ist immer eine individuelle Planung und sollte niemals reglementiert werden, sondern auf die individuelle Innenarchitektur mit ihren Materialien und Farben und selbstverständlich auf die Bedürfnisse der Bauherrn abgestimmt werden.

 

Wie sehen die anschließenden, konkreten Planungsschritte aus?

Der erste Umsetzungsschritt ist die sogenannte Kabelauslassplanung. Dabei wird festgelegt, wo welcher Auslass für welchen Leuchtentyp mit seinen eigenen Parametern vorgesehen ist. Daran schließen sich weitere Fragen an:

  • Wo brauchen wir direkte/gerichtete Beleuchtung, wo diffuse oder wo indirekte?
  • Welche Lichtstimmungen und Lichtqualitäten sind gewünscht?
  • Wie spielen Allgemeinbeleuchtung und Akzentbeleuchtung zusammen?
  • Wo werden Steckdosen für Leuchten gebraucht?
  • Wo werden welche Schaltgruppen geschaltet (Schaltlogik – Position Schalter)?
  • Welches System ist gewünscht: analoges System oder Bus-System (Smart Home)?
  • Sollen Smart-Home-Funktionen realisiert werden (z. B. Gestaltung von Lichtszenen, Einbau von Sensoren, Fernsteuerung über eine App)?
  • Ist eine Außenraumbeleuchtung gewünscht, die den Wohnraum bei Dunkelheit optisch verlängert?

Anschließend definiere ich den jeweiligen Leuchtentyp mit seinen Parametern (z. B. Lichtmenge/Lichtverteilung/Lichtfarbe) und lege Position und Lichtverteilung fest, sodass das Licht den Raum mit seinen Materialien und Farben bestmöglich in Szene setzt. Denn Licht selbst ist nicht sichtbar – es macht nur sichtbar, weil es sich an Oberflächen reflektiert.

Erst ganz zum Schluss kommt dann das, was viele sich unsinnigerweise zuerst überlegen: das Leuchtendesign. Dieses sollte aber am Ende selbstverständlich optisch zum Gesamtkonzept passen.

 

Im Altbau bieten sich dann sicher nicht ganz so viele Möglichkeiten?

Was das Tageslicht angeht, ja – wobei es immer darauf ankommt, welchen Aufwand man betreiben will oder kann. Ein zusätzliches Fenster z. B. lässt sich in vielen Objekten problemlos integrieren und kann enorm viel bewirken. Ansonsten gilt es meist, mit den Auslässen zu arbeiten, die da sind, und durch gute Planung Qualität reinzubringen. Im Altbau ist es eher die Summe vieler kleiner Schritte, die zu einem guten Ergebnis führt: z. B. die Integration zusätzlicher (schaltbarer) Steckdosen und Schienensysteme oder das Abhängen der Decke, sodass Einbauleuchten integriert werden können. Grundsätzlich gilt dasselbe wie beim Neubau: Bauherren sollten nicht zuerst an das Design der Leuchten denken, sondern systematisch vorgehen: Welche Räume nutze ich wofür und welches Licht ist in diesem Fall gefragt.

 

Werden Sie separat gebucht oder von Architekten und Planern hinzugezogen?

Der Beruf der Lichtplaner/-in ist noch sehr jung, es ist leider noch nicht Standard, unsere Expertise mit zu berücksichtigen. Da sind wir in einer ähnlichen Situation wie die Innenarchitekten. Dabei sollten wir unsere Häuser eigentlich von innen nach außen bauen – wir leben ja in den Räumen und gucken nicht von draußen auf das Haus.

Im Idealfall sind wir von Anfang an dabei, dann können wir optimale Voraussetzungen mit Blick auf Tageslicht und Kunstlicht schaffen. Wenn das nicht geht, dann sollte man uns spätestens zu dem Zeitpunkt ins Boot holen, wenn der Grundriss steht. Grundsätzlich muss der Architekt das natürlich erstmal wollen und sich darauf einlassen, da man am besten als ein gutes Team ein optimales Gesamtkonzept zusammen mit dem Bauherrn entwickeln kann.

Fest steht: Die Lichtplanung ist eine eigene Disziplin, die immer mehr an Bedeutung gewinnt und eher besser von Fachplanern geplant werden sollte – auch angesichts der komplexen Materie und der rasanten Weiterentwicklung der LED-Technologie.

 

Was ist das Besondere an der inzwischen marktbeherrschenden LED-Technologie?

Der vielleicht wichtigste Unterschied für meine Arbeit ist, dass die LED-Beleuchtung im Gegensatz zu Halogen, Glühlampe oder Leuchtstoffröhre nicht mehr genormt ist. Jedes Produkt, auch wenn es gleich aussieht, hat eine andere Qualität, was die Lichtfarbe, Farbwiedergabe, Lichtmenge etc. angeht. Es gibt LED-Leuchtmittel, welche wie beispielsweise eine Glühlampe in die Leuchte eingesetzt werden können, aber auch LED Chips, welche mittlerweile fest mit ihrem Konverter in der Leuchte verbaut sind.

Es gibt Leuchten mit externen Konvertern, Einbaudownlights, Aufbauleuchten etc. Das ist ein weites Feld. Viele Produkte, welche man im Baumarkt erhält, versprechen nicht immer eine gute Lichtqualität. Auch im Hinblick auf eine „baubiologische Lichtplanung“ bedarf es einer überlegten Auswahl an Produkten. Ebenso verspricht eine „teure“ Designleuchte nicht gleichzeitig gute Lichtqualität. Auch ist die Lichtverteilung sehr wichtig. Eine diffuse Beleuchtung über dem Esstisch beispielsweise beleuchtet die Tischoberfläche oder den „schön“ gedeckten Tisch nicht ausreichend. Am Ende hat man sich viel Mühe mit der Innenarchitektur gemacht und ist enttäuscht, wenn man zwar auf das Design geachtet hat, jedoch nicht auf die vielen Parameter einer „guten“ Lichtplanung.

Zudem verändert sich die Technologie rasend schnell in ihrer Qualität. Selbst ich mit meiner Spezialisierung muss einen hohen Aufwand betreiben, um immer möglichst auf dem neuesten Stand zu bleiben.

 

Ist die Lichtplanung etwas, das sich auch ein Bauherr mit durchschnittlichem Budget leisten kann und sollte?

Auf jeden Fall, denn es hat entscheidenden Einfluss auf die Wohnqualität und berührt auch gesundheitliche Aspekte. Ich biete ja auch baubiologische Lichtplanung an, weil die LED – neben allen positiven Aspekten – auch Phänomene wie das Flimmering mit sich bringt, die mancher nicht gut oder gar nicht verträgt. Dann suchen wir eine andere Lösung. Aber auch Themen wie gesundes Licht oder abgeschirmte Leitungen werden immer wichtiger.

Man kann in jedem Fall auch mit einem überschaubaren Leistungsumfang viel bewegen. Zu meinen Kunden zählen auch Bauherren, die ein begrenztes Budget haben. Die nehmen dann vielleicht keine komplexe Planung, aber eine Beratung in Anspruch. Das hilft zumindest, grundlegende Fehler zu vermeiden, und zeigt auf, was alles möglich ist: vom einfachen analogen System mit Schaltern bis zu BUS-Systemen, über die sich Smart-Home-Funktionen steuern lassen. Eine weitere Möglichkeit bei einem knappen Budget ist es, die Planungsleistung auf die wichtigsten Räume zu beschränken, wie beispielsweise den Wohnbereich oder einzelne andere wichtige Räume.

 

Was sollte jeder Bauherr zu Thema Licht und Lichtplanung wissen?

Das Zusammenspiel von Licht und Emotion sowie Licht und Funktion ist wichtiger denn je, weil wir unser Leben fast nur noch in Innenräumen verbringen. Dabei sind wir eigentlich Kinder der Sonne, das Sonnenlicht hat großen Einfluss auf unsere Stimmung. Eine Beleuchtung mit Kunstlicht kann, wenn sie schlecht oder gar nicht geplant wird, aufs Gemüt schlagen. Daher sehe ich meine wichtigste Aufgabe darin, mit Licht Emotionen zu schaffen, eine Wohlfühlstimmung wie in einer Sommernacht am Lagefeuer. Mit der Zunahme vom Homeoffice werden all diese Fragen noch wichtiger: Wir brauchen sowohl eine vernünftige Beleuchtung zum Arbeiten als auch entspannendes Licht im Wohnbereich, wo wir uns vom Stress des Tages erholen.

 

„Zuviel Licht ist zum Sehen ebenso unbequem als zu wenig“

(Christoph Martin Wieland)

 

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